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Schwangerschaft trotz Herzschwäche : Datum: , Thema: Forschung

Tag der Seltenen Erkrankungen: Ein handelsübliches Abstillmedikament hilft bei einer seltenen, lebensbedrohlichen Herzerkrankung nach der Schwangerschaft. Das weist eine durch das Bundesforschungsministerium geförderte klinische Studie nach.

Ultraschall - Schwangerschaft trotz Herzschwäche
Eine Ärztin untersucht eine Schwangere mit Ultraschall. © DLR-PT

Die Peripartum Kardiomyopathie, kurz PPCM, ist eine seltene und lebensbedrohliche Erkrankung des Herzens. Sie kann bei vorher herzgesunden Frauen im letzten Schwangerschaftsmonat und bis sechs Monate nach der Geburt auftreten. Die Betroffenen leiden unter plötzlich auftretendem oder schleichendem schweren Herzversagen. Etwa jede siebte Patientin stirbt an den Folgen. Nur etwa jede dritte Patientin erholt sich wieder vollständig. Alle Patientinnen haben ein dauerhaft erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstörungen. Eine Diagnose ist schwierig. Denn die Symptome wie Atemnot, Husten, Abgeschlagenheit und Depressionen ähneln normalen Schwangerschafts- und Wochenbettbeschwerden oder grippalen Infekten.

Bessere Behandlung dank Bromocriptin

Tag der Seltenen Erkrankungen

Am 28. Februar 2018 ist der Tag der Seltenen Erkrankungen. Seit 2008 vereinen sich am letzten Tag im Februar Menschen auf der ganzen Welt, um gemeinsam auf Anliegen und Probleme der sogenannten „Waisen der Medizin“ aufmerksam zu machen. Unter der internationalen Bezeichnung „Rare Disease Day“ ist der Aktionstag zu einer weltweiten Bewegung geworden.

Selten tritt die PPCM im letzten Schwangerschaftsmonat auf, meist manifestiert sich die Krankheit unter der Geburt oder in den ersten Wochen nach der Entbindung. „Meistens raten Ärztinnen und Ärzte den betroffenen Müttern mit PPCM von einer erneuten Schwangerschaft ab“, sagt Denise Hilfiker-Kleiner. Sie ist Professorin für molekulare Kardio­logie an der Medizinischen Hochschule Hannover und hat die Studie zur PPCM-Behandlung zusammen mit Johann Bauersachs geleitet. Erkenntnisse aus der Studie erhärten den Befund, dass die Gabe von Bromocriptin – eine Substanz, die seit Langem auch zum Abstillen eingesetzt wird – mit Blutgerinnungshemmern zusätzlich zur Herzmedikation die Heilung einer PPCM unterstützt.  „Eine erneute Schwangerschaft nach PPCM ist risikoreich und erfordert eine engmaschige Betreuung der Schwangeren in der Herzmedizin, der Gynäkologie und der Neonatologie.“ Klinische Beobachtungen der beiden Forscher deuten darauf hin, dass die Gabe von Bromocriptin zusammen mit anderen Medikamenten gleich nach der Entbindung ein Wiederauftreten der PPCM verhindern kann. Bromocriptin blockiert die Freisetzung des Stillhormons Prolaktin, aus dem bei PPCM-Patien­tinnen ein Spaltprodukt gebildet wird, das die Blutgefäße schädigt. Dieses Spaltprodukt führt dazu, dass das Herz weniger durchblutet wird und Herzmuskelzellen absterben.

Jährlich erkrankt in Deutschland schätzungsweise eine von 1500 bis 2000 Schwangeren an PPCM. In der Studie haben zwölf Universitätskliniken in den vergangenen sechs Jahren 140 Frauen mit PPCM dia­gnostiziert. 63 von ihnen haben sie in die Studie eingeschlossen. „Wir haben herausgefunden, dass kleine Mengen Bromocriptin, die zusätzlich zur Standardtherapie mit Herzmedikamenten über einen kurzen Zeitraum von sieben Tagen eingenommen werden, zumeist für eine Heilung ausreichen“, sagen Hilfiker-Kleiner und Bauersachs. In dieser Dosis wird Bromocriptin üblicherweise auch zum Abstillen eingesetzt, wenn medizinische Gründe dies erfordern und keine Erkrankung des Herz-Kreislauf-Systems vorliegt. Bei einer schweren PPCM sollte das Medikament nach Angaben der Mediziner mindestens sechs Wochen lang gegeben werden. Die beiden Forscher weisen darauf hin, dass die Patientinnen zusätzlich mit Blutgerinnungshemmern behandelt werden müssen, da sie ein erhöhtes Risiko für Thrombosen haben.

Standardisiertes Vorgehen

Andere internationale Studien bestätigen dieses Ergebnis. Die Studienergebnisse der Wissenschaft­lerinnen und Wissenschaftler aus Hannover sind daher mittlerweile auch in das weltweite Behandlungskonzept zu PPCM eingeflossen

Das Studienteam hat außerdem eine Spezialambulanz für PPCM-Patientinnen an der Medizinischen Hochschule Hannover eingerichtet. Eine Internetseite informiert über die Krankheit, ihre Folgen und die Behandlung. „Uns ist wichtig, dass Frauenärztinnen und -ärzte informiert sind. In der Kardiologie kennen wir die Krankheit. Aber in den frauenärztlichen Praxen haben noch nicht viele davon gehört“, so Hilfiker-Kleiner.

Damit die Behandlung von PPCM-Patientinnen weiter verbessert werden kann, haben die Hannoveraner PPCM-Spezialisten zusammen mit der europäischen Gesellschaft für Kardiologie ein weltweites PPCM-Register aufgebaut. Hier werden alle PPCM-Patientinnen und ihre Behandlung erfasst.

BMBF stärkt Forschungsförderung zu Seltenen Erkrankungen

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die Forschung im Bereich der Seltenen Erkrankungen seit vielen Jahren: 107 Millionen Euro investierte es seit 2003 bereits in nationale Verbundprojekte, um die Ursachen von Seltenen Erkrankungen zu erforschen und neue Therapieansätze zu entwickeln. Jetzt setzt das BMBF dieses Engagement fort und hat dazu im Februar 2018 die „Richtlinie zur Förderung translationsorientierter Verbundvorhaben im Bereich der Seltenen Erkrankungen“ veröffentlicht. Die neue Initiative stellt bis 2022 weitere 21 Millionen Euro bereit. Wichtigstes Ziel ist es, die Situation der Betroffenen zu verbessern. Auch in anderen Förderschwerpunkten des Bundesforschungsministeriums werden Seltene Erkrankungen erforscht, beispielsweise in den klinischen Studien. Die Studie zur Wirksamkeit von Bromocriptin auf die linksventrikuläre Herzfunktion bei Frauen mit peripartaler Herzschwäche wurde in diesem Förderschwerpunkt von Mai 2010 bis einschließlich August 2016 mit rund 700.000 Euro gefördert.